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Pfarrer Michael Zemmrich: Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus

27.01.2021 um 15.30 Uhr Friedhof in Markranstädt

Sehr geehrte, liebe Frau Bürgermeisterin, sehr Damen und Herren, liebe Markranstädter,

die Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Sowjetarmee ist auch 2021 Anlass, uns hier zu versammeln.

Mitten in den Herausforderungen einer Pandemie muss das Gedenken veränderte Form haben. Aber: Das Gedenken muss stattfinden. Wir können es nicht lassen. Denn das wäre ein fatales Zeichen. Vergessen wir das unbeschreibliche Leid, wenn wir selbst außergewöhnliche Probleme haben? Nein.

Unvergleichlich ist das Leid, dass Menschen anderen Menschen in den Arbeits- und Vernichtungslagern antaten. Und doch ahnen wir 2021 anders als bisher, wie sich die Einschränkung, ja der Verlust bürgerlicher Rechte anfühlt – und was er mit uns macht. Dennoch bleibt es uns unvorstellbar, welches Elend die Gefangenen von Auschwitz quälte. Körperlich und seelisch. Und wir wollen auch in diesem Jahr gedenken – vielleicht anders, wohl tiefer, verständnisvoller dem Leid derer gegenüber, die am 27. Januar 1945 befreit wurden.

Wir beugen uns vor der Standhaftigkeit, dem Elend, dem Leid und dem Tod der Opfer von Diktatur, Rassenwahn und Krieg in Auschwitz und vor den Opfern der Unmenschlichkeit überall auf dieser Welt und erinnern daran mit diesem Kranz. Er stehe als Symbol gegen das Vergessen.

Ich lade ein zum Versöhnungsgebet von Coventry von 1958:

Das Versöhnungsgebet von Coventry

Wir alle haben gesündigt und mangeln des Ruhmes, den wir bei Gott haben sollten. Darum lasst uns beten: Vater, vergib!

Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse: Vater, vergib!

Das habsüchtige Streben der Menschen und Völker, zu besitzen, was nicht ihr eigen ist: Vater, vergib!

Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet: Vater, vergib!

Unseren Neid auf das Wohlergehen
und Glück der anderen: Vater, vergib!

Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Heimatlosen und Flüchtlinge: Vater, vergib!

Den Rausch, der Leib und Leben zugrunde richtet: Vater, vergib!

Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu  vertrauen und nicht auf dich: Vater, vergib!

Lehre uns, o Herr, zu vergeben und uns vergeben zu lassen, dass wir miteinander und mit dir in Frieden leben.
Darum bitten wir um Christi willen.   

Amen.